Warum ich mich impfen ließ

Die Entscheidung zur Impfung war eine Abwägung von Vermutungen ("Ich hatte doch noch nie eine Grippe.", "Mein Immunsystem ist stark genug.") und wissenschaftlichen, heisst medizinischen und statistischen Erkenntnissen und das Extrahieren von entscheidungsrelevanten Informationen aus diesen.
 
Die objektiven, wissenschaftlichen, statistischen Ergebnisse waren ganz klar.
 
Aber dennoch war da diese Unsicherheit. Und diese war rein subjektiv, psychologisch begründet.
 
Eine Statistik sagt nichts über die einzelne Person aus, nur über eine Gruppe.
 
Ich weiß nicht, ob mich Corona erwischen wird (oder schon erwischt hat) oder nicht (auch wenn davon auszugehen ist, dass niemand uninfiziert bleibt, aber das war damals zur Zeit meiner Impfung noch nicht so klar wie heute). Es gibt keine Sicherheit diesbezüglich. Nur Vermutungen.
 
Aber es gibt eine bestimmte Sicherheit, die vorhanden ist. Wenn ich mich impfen lasse, dann weiß ich innerhalb weniger Tage, ob ich diese "überlebe". Die statistische Lage zeigte klar, dass ich "mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit" es überlebe. Und dann habe ich es hinter mir. Kann mir dann sicher sein, dass ich nicht ins Krankenhaus komme, und falls doch, dann mit geringerer Wahrscheinlichkeit auf die Intensiv, und falls doch, dann mit geringerer Wahrscheinlichkeit sterbe.
 
Die Wahrscheinlichkeit, mich mit Corona anzustecken und daran zu sterben, überhaupt ernste Symptome zu kriegen, liegt da weitaus höher. Auch wenn es mir bekannte Menschen gibt, die nur geringe Symptome hatten.
 
Die Experten sind sich ja immer noch nicht sicher, warum es manche so hart und andere nur mit milden Symptomen trifft. Es gibt Kriterien, wie Alter, Vorerkrankungen, Lebensstil, Ernährung, und so weiter. Aber wenn "ein Kerl wie ein Baum", mittleren Alters, auf der Intensiv landet, dann haben die Mediziner ein Fragezeichen im Gesicht.
 
Es ist nunmal ein Spiel mit den Wahrscheinlichkeiten. Und was Menschen überhaupt nicht gut können, ist das Verstehen von statistischen Aussagen, und was diese und die Wahrscheinlichkeiten bedeuten.
 
Ich hatte auf der Uni genug Statistik, und dennoch war meine Entscheidung zur Impfung ein innerer Kampf.
 
Mein Wissen aus der Uni und meine Erfahrungen haben mir geholfen, zu erkennen, dass eine Impfung die bessere Entscheidung ist.
 
Und ehrlich gesagt, bin ich immer noch nicht sicher, ob die Impfung notwendig war oder nicht, oder ob sie schädlich war/ist oder nicht. Aber das ist ein rein subjektives, psychologisches Phänomen. Objektiv ist es völlig klar.
 
"Kognitive Dissonanz" ist es, was hinter meiner postimpfalen Unsicherheit steckt ;-)
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Die Gegenwart opfern, für eine bessere Zukunft

Wir sorgen vor, für die Rente, für die Ausbildung unserer Kinder, für ein Eigenheim, oder was auch immer wir tun, damit wir und unsere Lieben eine bessere Zukunft zu haben.

Doch die Menschen sind zu leicht zu verführen, den Augenblick zu nutzen, das Schöne der Gegenwart zu bewahren oder eine schnelle Befriedigung der aktuellen Bedürfnisse zu erreichen. "Es läuft doch alles.", "Hauptsache Spaß.", "Warum was ändern?", "Die Zukunft ist doch eh ungewiss.", "Ich kann doch nichts ändern.", "Wer Neues wagt, riskiert auch neue Fehler, und scheitert auch eher.".

Die Zukunft für die Gegenwart zu opfern. Es birgt das Risiko des "Hätte ich doch nur.".

So vielen erging es schon so. Gerade was die aktuelle Situation mit Corona angeht. Menschen liegen im Krankenhaus oder sogar auf der Intensivstation und bereuen es, dass sie sich nicht früher haben impfen lassen.

"Corona existiert.", "Corona gibt es nicht.", "Die Impfung hilft.", "Die Impfung hilft nicht.", "Mein Immunsystem ist von Natur aus stark genug.". Es gibt viele Meinungen, viele Glaubensrichtungen.

"Ist doch egal, ob Corona existiert oder nicht." NEIN! Es ist nicht egal. Egal ist, ob Sie daran glauben oder nicht. Denn, wenn Corona nicht existiert, ist es egal ob sie geimpft sind oder nicht. Aber wenn Corona existiert, dann wird Sie der Virus irgendwann kriegen.

Sind Sie 100% sicher, dass der Virus Sie nicht erwischt? Sind Sie 100% sicher, dass Ihr Immunsystem es auch so schafft? Schließlich gibt es ja viele Menschen, die sich nicht angesteckt haben - ohne Impfung - oder trotz Infektion rein gar nichts gespürt haben.

Ich habe mich schon vor Monaten impfen lassen.

Als ich mich damals, Anfang des Jahrtausends, habe gegen Grippe impfen lassen. Es war ein Angebot der Uni und mein Professor meinte, dass er doch schön wäre, wenn das gesamte Institut gemeinsam sich impfen ließe.

Es war ein Freitag. Und das ganze Wochenende hatte ich das Gefühl zu sterben. Alles, was so an Symptomen einer Grippe gibt, hatte ich. Ich wollte mich danach nie wieder impfen lassen. Auch wenn am Montag danach ich wieder zur Uni gehen konnte.

Warum ich mich trotzdem gegen den aktuellen Virus habe impfen lassen?

Ich habe die Sicherheit der Gegenwart - "Es läuft doch. Ich bin vorsichtig. Habe mich doch noch nie angesteckt, keine Grippe, also schaffe ich Corona auch ohne." - für die Sicherheit der Zukunft geopfert.

Ja, ich habe lange drüber nachgedacht. Denn meine letzte Erfahrung mit einer Impfung verlief nicht so angenehm.

Meine Überlegungen waren geprägt von Fragen, wie:

"Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass ich Nebenwirkungen wie damals bei der Grippeimpfung habe?"

"Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass ich überhaupt Nebenwirkungen habe?"

"Was tue ich, wenn es doch passiert?"

"Was, wenn es gut geht und ich nichts spüre oder nur geringe Nebenwirkungen?"

"Was sagen die Experten?"

"Welche Erfahrungen gibt es auf der Welt mit den vorhandenen Wirkstoffen?"

Ich bin wissenschaftlich herangegangen und habe die Entscheidungssituation von verschiedenen Seiten betrachtet.

War mir mulmig, als ich zum Impfbus fuhr, um mich pieksen zu lassen? Klar. Ich wusste ja nicht was passiert. Ich habe die dort angetroffenen - impfwillige und schon einmal geimpften Menschen - nach deren Erfahrungen und Meinungen gefragt. Bis auf geringe Nebenwirkungen, wie Müdigkeit oder Mattigkeit, hörte ich keine ernstzunehmenden Symptome. Ich weiß, dass dies nicht bedeutete, dass ich auch nur geringe oder keine Nebenwirkungen haben werde, schließlich sagt eine Statistik nur etwas über eine Gruppe, aber nicht über die einzelen Person.

Ich ging das Risiko ein. Denn ich habe mir auch Überlegungen angestellt, bzgl. der Wahrscheinlichkeit einer Infektion, den möglichen Symptomen, den Konsequenzen einer Infektion bis hin zu Krankenhausaufenthalt, Intensivmaßnahmen und Tod.

Ich kam zu dem Schluss, dass die Wahrscheinlichkeit, durch die Impfung ernste Nebenwirkungen zu haben, um ein Vielfaches geringer ist, als mich mit Corona zu infizieren, im Krankenhaus behandelt zu werden und dort evtl. sogar zu sterben. Und wenn ich wieder eine zeitlang solche Symptome hätte wie damals bei der Grippeimpfung, dann ist mir das lieber - da auch mit geringerer Wahrscheinlichkeit - als mit der Unsicherheit zu leben, mich irgendwann(!) mit Corona anzustecken und mit weit größerer Wahrscheinlichkeit ernstere Symptome zu haben.

Könnte ich Corona auch ohne Impfung überstehen? Könnte sein. Ich bin sehr vorsichtig, halte mich an die nachvollziehbaren, mir leicht möglichen Maßnahmen, wie Maske, Abstand und Meiden von Locations, wo die Ansteckungsgefahr hoch ist - am besten ganz zu hause bleiben und nur noch "Zuhause-Büro".

Aber, was ist mit den Milongas, den Tanzmöglichkeiten, wo ich meinem Lieblingstanz des Argentinischen Tangos fröhnen kann? Durch denn starken Lockdown seit letztem Jahr, war ich vom Tanzen abgeschnitten. Und es bot sich Mitte 2021 die Gelegenheit an, draußen - Open Air - zu tanzen.

Das war mit ein Grund mich impfen zu lassen. Auch wenn ich die Veranstaltungen mit einer lediglichen Schnelltestung hätte besuchen können.

Jetzt, durch die Impfung, bin ich viel sicherer, mich nicht anzustecken, und wenn, dass dann der Verlauf angenehmer sein wird und ein Krankenhausaufenthalt unwahrscheinlicher ist, als ohne Impfung.

Statt mich einer "willful blindness" hinzugeben und bewusst die Risiken von Corona zu ignorieren, opferte ich die potentiell illusionäre Sicherheit der Gegenwart für eine weitaus definitiv sicherere Zukunft.

 
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Selbstdisziplin

Es hat nichts mit Bestrafung zu tun: Sich selbst zu geißeln, zu verachten, runter zu machen, wenn man nicht das tut, was zu tun ist, nicht bei einer Sache bleibt, lange genug.

Sondern - wenn man abzuschweifen droht oder versucht ist, was anderes zu tun, als das, was zu tun ist - sich zurück zu holen, bei der Stange zu halten, wieder auf die vor einem liegende Aufgabe zu konzentrieren. Dabei zu bleiben. Sich an den selbstaufgestellten Plan zu halten. Ihn nur Ziel orientiert anzupassen, und nicht ständig über Bord zu werfen oder gar gänzlich zu ignorieren.

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